antibeige ist keine farbe, sondern eine haltung: für mehr pop, mehr punk, mehr memphis und mehr was-ihr-wollt. „was wir brauchen, sind ein paar verrückte leute; seht euch an, wohin uns die normalen gebracht haben.“ (george bernard shaw)

darum heisst nicht nur unsere galerie ‚antibeige‘, sondern auch diese interviewserie. wir porträtieren freigeister und menschen, die aus der reihe tanzen, die ein bisschen anders sind, die wenig darauf geben, was wohl die nachbarn denken. und die wir als unsere kunden kennengelernt haben.

Heute: Sabine Howe, Dokumentarfilmerin & Florian Borkenhagen, Künstler und Designprofessor, Hamburg.

 

Interview: Mathias Jahn, Fotos: Stefan Trocha

for an english summary please click here.

 

Ist das Kunst – oder kann man drauf sitzen?

Florian: Oh, Du meinst den blauen Trolley mit den gelben Rädern? Das ist eigentlich ein Geburtstagsgeschenk für Sabine, eine Mischung aus Hocker, Couchtisch, Zeitschriftenablage – ein echtes Funktions- und Spaßmobil.

– Das haben ja viele Deiner Arbeiten gemeinsam: Sie sind offensichtlich „mobil“. Während für die meisten Menschen ein Stuhl etwas Stabiles, Statisches ist, hat bei Dir alles Räder. Hast Du das Gefühl, man muss alles wegrollen können?

Da sind zwei ganz wichtige Elemente für mich drin: Einmal finde ich die Funktion der Bewegung wahnsinnig schön und diese Verbindung von ‚Immobilien‘ und ‚Mobilien‘ – da hab‘ ich sogar schon mal einen Ausstellungstitel draus gemacht. Und man kann etwas vermeintlich Festes doch bewegen – im Idealfall sollte alles um uns herum Rollen haben, die man aber feststellen kann, für einen Moment oder zwei. So kann man seine Umgebung immer wieder leicht verändern. Das kommt vielleicht auch dadurch, dass ich 38 Postadressen in meinem Leben hatte, immer viel umziehen musste und erst jetzt hier zur Ruhe gekommen bin.

– Hättest Du an Eurem Haus auch gern Räder?

Nee, definitiv nicht. Schon wegen des großen Baums im Garten, das gibt nur Probleme beim rückwärts Einparken…

– Aber im Haus habt Ihr schon relativ viel „mobil“ gemacht und ganze Wände herausgenommen. Man bewegt sich hier gern, es gibt einen richtigen Flow durchs Erdgeschoß.

Sabine: Ja, wir wollten sogar noch mehr wegnehmen, das ging dann aber nicht, wegen der Statik. Darum hatten wir mit den Architekten erarbeitet, dass wir im Wechsel immer wieder Wandelemente stehen lassen, was uns jetzt zu Gute kommt, sonst hätten wir nämlich sehr wenig nutzbare Wandfläche, um Kunst zu hängen.

– Da sind wir ja schon beim Thema: Florian, Du hast zwei Dokumenta’s mitgemacht, hattest Studios in verschiedenen Städten, hattest gerade im Herbst wieder eine große Ausstellung in Hamburg. Deine Arbeiten sind oft sehr haptische Objekte: Bist Du vom Handwerker zum Künstler geworden oder umgekehrt oder warst Du immer schon beides?

Ich mag beides. Diese Unterscheidung zwischen Kunst, Design und Handwerk findet ja erst seit der Industrialisierung überhaupt statt. In der ganzen Kulturgeschichte der Menschheit gab es diese Trennung nicht. Ein bemalter Krug konnte als Weingefäß oder als Vase dienen, da waren Handwerk und Design noch ganz nah beieinander – und heute stellen wir dieselbe Vase als historisches Kunstobjekt aus. Oder die fantastischen Zeichnungen von Leonardo da Vinci, der nicht nur menschliche Anatomie sehr genau abgebildet hat, sondern auch geometrische Körper, Architektur, bis hin zu technischen Zeichnungen selbst entwickelter Maschinen. Ich sehe gar keinen Bedarf nach einer Trennung von künstlerischer und handwerklicher Arbeit.

Ich habe gerade bei Jerry Saltz den schönen Satz gelesen: „Art is a craft-based way to consciousness“ – also sozusagen Bewusstseinserweiterung durch Handwerk. Und das gilt dann sowohl für den Künstler selbst, als auch für die anderen, die Betrachter. Nehmen wir einmal die Kunst, zu schreiben – ursprünglich ein Handwerk: Bevor man gut schreiben kann, muss man erst einmal überhaupt schreiben können. Es hat mit dem Vorgang an sich zu tun: Wenn man nicht erst einmal etwas „begreift“, im wahrsten Sinne des Wortes, dann kann es auch keinen Sinn haben. Darum gefällt mir unter den Designern zum Beispiel besonders gut Achille Castiglioni, der seine Arbeiten auch sehr handwerklich und sehr spielerisch entwickelt hat, etwa, indem er für die Stehlampe ‘Toio‘ einfach einen Autoscheinwerfer auf ein Gestell legt. Ich mag die Experimentierfreude, den Humor, der zu überraschenden Ergebnissen führt. Und so arbeite ich eben auch gern: Rumprobieren, bis es Spaß macht.

– Das ist ja ‚Readymade-Design‘: Man nimmt drei vorgefundene Sachen und baut sich eine Lampe daraus. Das Prinzip ist ja auch in der Kunst bekannt – wirkt aber gerade besonders aktuell, denn Wiederverwendung ist ja auch eine Möglichkeit zur nachhaltigen Nutzung von Dingen.

Ja, das mag da drinstecken – ich habe das aber auch schon immer so gemacht, das war für mich ein ganz selbstverständlicher Ansatz. Im Garten steht ein Outdoorsessel aus zwei Schubkarrenschalen, der ist von 1981 oder ‘82. Nimmst einfach zwei Schubkarren aus dem Baumarkt, schweißt sie aneinander und fertig. Das war damals auch so ein bisschen punkig, es gab das Festival „Geniale Dilletanten“ in Berlin, in Hamburg hatten wir „Möbel Perdu“, es gab Stiletto’s „Consumer’s Rest Chair“ aus einem Einkaufswagen, es gab den „Solid Chair“ von Heinz H. Landes aus Beton und Armiereisen – wir haben alle mit allem gearbeitet.

Das hatte aber damals eher nicht diese ökologische, moralische Begründung – ich fand die Sachen einfach wahnsinnig schön. Diese industrielle Ästhetik hat ja einen ganz eigenen Reiz, dieses Rohe, Rauhe, Ungeschönte. Und dann muss man nur die Funktion verändern, einfach andersrum drehen und so benutzen. Da steckt sicher auch eine Anti-Konsum-Haltung drin, aber eher so als Gegenentwurf zu der ganzen Verfeinerung, dem Luxus, das war ja auch so ein Thema in den Achtzigern. Insofern ist der Recycling- oder Upcycling-Gedanke zwar wichtig und gut, aber eher eine logische Folge daraus, dass diese funktionalen Sachen von vornherein schön sind. Für mich ist das sogar ein Forschungsthema, für mich selbst, aber auch für meine Studenten: Was macht Objekte schön, was ist die Ästhetik des Funktionalen, was bedeuten Nutzungsspuren und Patina?

– Ästhetik des Funktionalen: Etwa wie die Kristallschälchen an der Lampe über uns?

Ja, Leuchten finde ich an sich schon faszinierend: Licht und Lichtbrechung, „Erleuchtung“ im Wortsinne, aber auch diese „herrschaftliche Anmutung“ eines Kronleuchters. Und diesen brillanten, strahlenden Effekt dann eben mit Kompottschälchen zu erzeugen, hat natürlich auch was Subversives. Das hier ist übrigens ein Prototyp, da war der Draht noch viel zu dick, es hat ewig gedauert, die Fassungen für die Schälchen zurechtzubiegen. Aber eben auch hier wieder: alles Handwerk.

Manchmal nutze ich handwerkliches Können, das aus Hunderten von Jahren Erfahrung resultiert. Etwa aus dem Bootsbau, das Unterwasserschiff einer Segelyacht, das hat ja etwas mit Hydrodynamik zu tun, mit Verdrängung, mit dynamischer Vorwärtsbewegung. Es ist aber immer noch wahnsinnig faszinierend, wenn man diese Form an Land bringt und zum Beispiel als Tisch umsetzt. Das ist ein handwerklicher Prozess, ich taste mich da ran, ich hole mir Experten dazu, was da am Ende rauskommt, ist manchmal Design, manchmal pure Kunst, das ist auch nicht immer gleich festgelegt – das finde ich auch das Spannende daran.

– Manche Dinge entstehen erst beim Machen – aber das ist bei einem physischen Prozess leichter nachvollziehbar als etwa beim Schreiben von Texten oder auch Filmkonzepten…

Jerry Saltz meint seinen Satz durchaus ganz speziell auf das Schreiben bezogen, auch das ist für ihn eine Form von „Craft“: Du musst die Worte ordnen und arrangieren, Du musst damit arbeiten, sie wieder verwerfen, das ist auch ein Vorgang wie im Handwerk: eine Headline schnitzen, einen Text schleifen…“

Sabine: Ja, das ist schon so, wir müssen halt im Hirn schnitzen, die Bildhauerarbeit findet im Kopf statt. Auch auf dem Papier, oder, wie bei uns im Film, am Schneidetisch etwas wegnehmen, reduzieren auf das Wesentliche, das kann man schon vergleichen.

– Ob durch Denken oder Handeln, jede Art von Kreation lebt vom Formen?

Florian: Ja, kann man schon sagen. In diesem ewigen Streit „Was war zuerst da, die Kunst oder das Design?“ hat man ja irgendwann gesagt, das älteste künstlerische Zeugnis seien die Höhlenmalereien etwa in Lascaux. Nun hat man da aber auch ein sehr schön gestaltetes Näpfchen gefunden, in dem auch noch Pigmente nachzuweisen waren. Dieses handwerkliche Gerät, ein Farbgefäß, ist also älter als die Kunst, die damit erzeugt wurde. Und die eigentlichen Malereien waren ja auch keine freie Kunst, sondern wohl Grundlage für Rituale. Man hat sich in einen anderen Bewusstseinszustand versetzt, durch Kunst, vielleicht mit Hilfe von pflanzlichen Drogen, Pilzen oder ähnlichem, um dann aus der Erinnerung etwas zu malen, aus dem Innersten. Eben auch nicht realistisch in diesem Sinne, wie die Kuh auf der Weide, sondern die Vorstellung von etwas: Man beschwört so vielleicht den Erfolg auf der Jagd. Es geht um die Zukunft, sich das Tier vorzustellen und dann auf die Höhlenwand zu bringen. Das ist ein Schritt, um sich in der Welt zurechtzufinden, mittels Vorstellungskraft, man zeichnet diesen wahnsinnig schönen, starken Stier, ohne reale Umgebung, keine Weide, keine Bäume, nur das Tier wird fokussiert.

Sabine: Ist das so, dieses „Beschwörende“? Ich finde ja erst einmal die Übung an sich schon beeindruckend, dass man überhaupt etwas aus dem Gedächtnis malt. Das muss man ja erstmal schaffen, etwas umzusetzen, das man „nur denkt“. Das erscheint uns heute selbstverständlich, aber man muss erst einmal auf die Idee kommen, dass man das macht.

– Ja, der erste Schritt ist immer der Schwerste. Ich denk‘ das oft beim Kochen: Wir haben eine total überzüchtete, verfeinerte Kochkunst – aber ganz am Anfang mussten erst einmal Menschen ausprobieren, welche Beeren man denn nun essen kann.

Sabine: Naja, trial and error ist eine erprobte, wenn auch verlustreiche Methode, wenn man Hunger hat. Aber wie kommt man auf die komplizierteren Sachen? Eier kochen? Oder dass man Eigelb und Eiweiß trennt – wer hat denn das zum ersten Mal gemacht? Geschlagener Eischnee – das ist doch auch eine hohe Kunst.

Florian: Verfeinerung ist in der Lebensmittelwelt ja oft auch Verschlechterung. Vieles wird ja erst wirklich gut, wenn es schon fast schlecht ist: Käse ist das Produkt eines Alterungsprozesses, bis hin zur Schimmelbildung. Wein ist vergorener, schlecht gewordener Traubensaft…

– Fleisch muss gut abgehangen sein…

Sabine: Bei Wein kann ich mir das gut vorstellen: Irgendwann ist der Traubensaft umgekippt, aber man soll ja nix wegschmeißen, also hat man’s trotzdem getrunken – und hat festgestellt: Oh, geil, das macht ja lustige Gefühle. Das ist also eher ein Zufallsprodukt. Aber so bestimmte Dinge, die Du ganz bewusst machen musst, also wie dieser Eischnee, wer kommt denn da drauf, das auszuprobieren und dann auch wirklich so lange zu schlagen, bis das Ei steif wird? Oder hat man da später Chemiker drangesetzt, die dann alles Mögliche ausprobiert haben und von Tausenden Experimenten landen halt nur zwei im Kochbuch? Also, beim Essen ist mir das klar, da geht’s dann auch um Instinkte und Erfahrung – aber wie dieses Elaborierte in die Welt gekommen ist, das ist mir ein Rätsel.

Florian: Für mich ist Kochen tatsächlich auch eine ganz tolle Form der Kunst, sie ist nur sehr kurzlebig, manchmal braucht man 12 Stunden und in 20 Minuten ist dann alles aufgegessen. Was da für Prozesse nötig sind, um wirklich gute Sachen zu machen. Gutes Handwerk, mit gutem Werkzeug, das ist auch ein Schaffensprozess.

– Für viele Menschen gilt ja auch heute noch: Kunst kommt von Können. Und je länger ein Maler malt, desto besser wird das Bild. Die hohe Kunst war der Faltenwurf der Toga. Und das brauchen wir ja heute eigentlich nicht mehr: So ziemlich jeder Mensch kann mit jedem Handy den Faltenwurf von irgendwas festhalten. Wir brauchen heute nicht mehr vorrangig den Realismus, sondern die Idee.

Ja, die Idee. Aber intelligent festgehalten – die Idee allein genügt auch nicht, man muss eben auch noch Nachdenken. Der Prozess ist wichtig.

Das ist dann oft schwierig zu erklären: „Was ist an einem Jackson Pollock toll, das sind doch nur Kleckse“…

Pollock ist auch fast wie Höhlenmalerei, der hat sich auch in Trance versetzt mit Alkohol und Drogen, um dann sozusagen wütend zu klecksen. Und das kann man den Bildern dann „anspüren“, man fühlt sich inspiriert durch den Prozess.

– Sabine kannst Du das nachvollziehen? Also, seid Ihr Euch in Euren künstlerischen Vorlieben ähnlich? Oder habt Ihr auch Sachen, bei denen Ihr überhaupt nicht versteht, was der andere daran schön findet?

Ich kann das alles total nachvollziehen. Ich muss sagen, mein künstlerischer Geschmack ist schon auch mit und an Florian gewachsen. Wenn er etwas erzählt oder beschreibt, ist das hochspannend, das aus der Sicht eines Künstlers nachzuvollziehen – und nicht aus der Sicht des Kritikers zum Beispiel. Gut, manchmal gibt’s auch Sachen, die ich langweilig finde – aber sogar darin sind wir uns ähnlich, wir finden oft dieselben Sachen langweilig. Wenn wir etwa in einer Ausstellung unterschiedlich schnell durchgehen, reden wir hinterher darüber, was wir am Schönsten oder am Beeindruckendsten fanden – und das ist nicht immer total identisch, aber immer sehr gut nachvollziehbar. Ich bin da natürlich auch nicht 100% objektiv – wenn Florian anfängt von Kunst zu reden, bin ich immer ganz weichgespült.

Florian: Oh, oh: Das Kompliment kann ich gleich zurückgeben: Du hast immer den Blick für das Wesentliche. Als Filmemacherin weiß sie immer sofort: Das brauche ich, diesen Schuss brauche ich, das hier ist das wichtigste Bild, das wichtigste Objekt, der Kern der Aussage und so weiter. Sie ist total fokussiert und ich verliere mich manchmal in den faszinierenden Details.

– Ist das wichtig in einer Paarbeziehung, dass man feststellt: Ach, das findet der andere auch schön? Also: Eine kompatible Weltsicht? Die gleiche Wellenlänge?

Der Idealfall ist das gemeinsame Wachsen. Die vorhandene gleiche Wellenlänge kann auch schnell langweilig sein, man muss sich schon gemeinsam weiterentwickeln, etwas dazulernen.

Sabine: Ich sag‘ auch nie Wellenlänge, ich sag‘ „Wertewelt“. Es kommt auch drauf an, wenn man sich jung kennenlernt, entwickelt man ja alles gemeinsam. Aber wir haben uns ja erst mit Mitte 30 kennengelernt, hatten schon Familien und da waren schon auch sehr eigene Vorstellungen da. Und bei Florian dachte ich am Anfang sowieso, so kann man doch gar nicht sein, der macht mir was vor, das ist Show. Er ist Romantiker und ist sich auch nicht zu blöd dafür. Solche Männer kannte ich nicht. Wenn er sagt: Ich hol Dich ab und wir machen ein Picknick, dann kommt er eben auch mit gekühltem Champagner und ‘nem weißen Tischtuch, baut ein kleines Tischchen auf und macht das schön – und das hat dann auch einen deutlich höheren Coolness-Faktor als bei den meisten anderen Männern. Das kann dann aber auch mal andersrum laufen: Er kommt eben aus einer komplett emotional gesteuerten Welt und ich aus einer sehr rational gesteuerten, da gibt’s dann schon auch mal Unverständnis für die Reaktionen des anderen.

Florian: Aber meist ergänzt sich das, die verschiedenen Blickwinkel machen das Gesamtbild eben komplett. Wir machen zum Beispiel im Moment jeden Sonntag eine Kunstaktion. Es gibt diese Idee ‚tussenkunstenquarantaine‘ – ‚Zwischen Kunst und Quarantäne“, es gibt das auch vom Getty Museum, von der Schirn und vom Städel. Jetzt, während Corona, machen Menschen weltweit „Art at Home“, sie stellen meist berühmte Kunstwerke nach. Die Bedingung ist, das mit Bordmitteln zu machen, also mit Alltagsobjekten, die man zuhause hat. Das sind meist Porträts, gern genommen wird das „Mädchen mit dem Perlenohrring“ – aber es wird dann oft sehr, sehr lustig, weil man eben mit allem inszeniert, was man hat. Und wir machen wirklich regelmäßig jeden Sonntag jeder ein Bild – und da sind unsere Komponenten auch immer komplett drin, wir ergänzen uns da geradezu unheimlich. Ich behaupte ja nicht, wie Beuys, „Jeder Mensch ist ein Künstler“ – aber jeder trägt eine Form von Kreativität in sich und die kann man wecken.

Sabine: Ich hingegen behaupte, ich bin unkreativ. Ich kann nicht zeichnen, ich habe überhaupt kein Formenverständnis, ich habe eine sehr geringe Abstraktionsfähigkeit – ich bin immer sehr gut, wenn’s konkret wird… (Einwurf Florian: Deshalb machst Du ja auch Dokumentarfilme!)

– Aber prinzipiell erst einmal eine Idee zu haben, ist ja schon eine kreative Leistung, manche würden sagen, die größte… denn all das, was Du gerade beschrieben hast, ist doch das Handwerk – und die Kunst ist, eine Idee zu haben.

Jaaa, das stimmt sicher. Vielleicht glaubt man das einfach auch nur, weil man selbst eben nicht Kunst „macht“ in diesem Sinne. Aber bei diesen Sonntagsaktionen geht das auf einmal völlig problemlos: Ich nehm‘ noch eine Pflanze mit ins Bild oder eben irgendein skurriles Objekt, das passt wie die Faust aufs Auge. Florian hat sich schon über mich geärgert…

Florian: Ja, weil sie oft etwas reingebracht hat, was das Bild viel besser gemacht hat. Bei „American Gothic“ zum Beispiel ihr Kragen aus Damenbinden oder beim Buchcover von „Die kleine Hexe“ die Pimmelnase. Und diese ganze Idee, Kunst zuhause selbst zu machen, wird jetzt natürlich umso größer, weil das alles irre „instagramable“ ist.

Sabine: Das war ja bei uns auch eine Entwicklung: Wenn man mal bei „tussenkunstenquaranteine“ schaut, das sind da fast alles alte holländische Meister, die da nachgestellt werden. Und wir haben das relativ schnell ausgeweitet, wir haben Fotografien, Filmszenen und Buchcover inszeniert – und ich war sogar einmal eine eingepackte Insel, zu Ehren von Christo. Das ist natürlich in erster Linie Spaß. Spaß am Sonntagmorgen – klingt wie eine ARD-Fernsehshow.

– Und wie entscheidet ihr, was ihr macht? Wer kommt in einem Brainstorming drauf: „Oh, ich möchte jetzt Räuber Hotzenplotz sein“?

Sabine: Och, das ging eigentlich immer recht schnell. Florian hat wahrscheinlich einfach eine Künstlerdatenbank im Kopf – und ich guck‘ ins Netz und such mir da meine Vorbilder.

Florian: Toll ist, dass die Menschen da eine Methode anwenden, die auch klassisch zur Kunstausbildung gehört: die Aneignung. Wenn Du Dich mit einem Gemälde beschäftigst, das ist ja schon ein künstlerischer Prozess, man eignet sich etwas an, man sagt: Mir gefällt das Gemälde, ich möchte es näher kennenlernen, ich schaue da mal genauer hin, was haben die an, woher kommt das Licht. Man macht sich Gedanken dazu, es ist ja nicht ein reines Kopieren, man fängt an, zu Improvisieren, es sich selbst anzueignen und sich damit auszudrücken. Jeder künstlerische Prozess fängt so an. Austin Kleon sagt: „Steal like an artist„. Selbst, wenn Du damit anfängst nur zu kopieren, wirst Du immer etwas lernen. Man kann das heute noch gut in Asien beobachten, ob im Handwerk oder in der Kunst: Ein Schüler kopiert erst einmal den Meister. Sehr, sehr lange. Es kann 15 Jahre dauern, bis man Sushi-Meister ist. Oder Messerschmied. Oder, vielleicht wieder näher an der Kunst: Shodo-Meister, also Kalligrafie. Da gehtes wirklich darum, ganz streng zu kopieren: So sein, wie der Meister. Das ist die erste Stufe des Lernens, Eigeninterpretation kommt dann später. Jahre später. Ich glaube, dass diese Art, sich einer Kunst oder einem Handwerk zu nähern, extrem kreativitätsfördernd ist. Bei uns kennen wir das Prinzip am Ehesten aus dem Sprichwort: Man muss die Regeln kennen, um sie brechen zu können.

– Ja, „es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen“ heißt es ja auch. Man macht den Meister nach, bis man ihm was vormachen kann.

Manchmal stellt man dann fest, dass ein Gemälde dann doch nicht von Rembrandt ist, sondern „aus seiner Schule“. Und vielleicht ist es sogar besser als die Arbeit vom Meister selbst.

– Wie geht das bei Autodidakten, die nie einen Meister gehabt haben? Es gibt doch Leute, die sagen: „Ich hab‘ das im Kopf, das muss jetzt raus!“

Da ist ja dann die Frage: Wie ist es denn da reingekommen, in den Kopf? Ich kenne auch Autodidakten – aber die haben sich dann schon selbst reingefuchst. Also zwar ohne „Anleitung“, aber schon mit Büchern beispielsweise. Oder, indem man sich die Anatomie des Menschen eben wirklich am lebenden Objekt abguckt. Oder durch Wiederholung: Ich male diesen Baum hundertmal – und erst dann meine ich es ernst und male „meinen Baum“. Auch das kennen wir: „Übung macht den Meister.“ Aber komplett aus sich heraus, jemand, der wahnsinnige Bilder in sich trägt und die zu Papier bringt, ohne auch nur zu üben – da bin ich skeptisch.

– Das kann ja eigentlich auch nur ganz früh sein, also als Kind. Denn mit den Jahren hast Du ja eigentlich alles schon gesehen, von der Schule bis zum Museum, von Fernsehen bis Instagram.

Eben, Kunst entsteht nicht im luftleeren Raum. Man hat Hunderttausende von Einflüssen im Kopf, sogar, wenn man es negiert oder wirklich nicht weiß.

– Oder im Bereich der „art savant“, die sozusagen unmittelbar aus der Vorstellungskraft kommt. Etwa Künstler im Bereich des Autismus, die mathematische Prinzipien in Kunst umsetzen.

Ja, aber auch das basiert oft auf herausragenden Spezialfähigkeiten, etwa in der Erinnerung. Es gibt Künstler, die ganze Städte präzise darstellen können – auf der Basis eines Helikopterflugs. Oder auch die Sammlung „Prinzhorn“, die eigentlich eine Lehrsammlung aus psychiatrischen Anstalten um 1920 war – aber auch durchaus eine Nähe zur künstlerischen Avantgarde hatte, von Surrealismus bis zur heutigen Wertschätzung als „Aussenseiterkunst“. Es gibt viele Beispiele für Künstler, die auch Grenzgänger zwischen diesen inneren und äußeren Welten sind: Paul Klee etwa gilt so ein bisschen als „Maler aus der Anderswelt“. Der hat am Anfang auch sehr genau, präzise, realistisch gezeichnet und hat dann irgendwann angefangen „verrückte Sachen zu machen“, um’s mal so auszudrücken. Sein berühmtes Porträt „Senecio“, das sind eigentlich nur ein paar Striche, Kreise, Dreiecke, Rechtecke – aber wenn man länger hinsieht, entsteht quasi im eigenen Kopf das Bild eines wütenden Großvaters. Um das zu können, muss man eben auch wirklich etwas können, Abstraktion ist wirklich schwer, da muss man schon sehr „geübt“ sein.

– Man muss ja sehr genau wissen, WAS man weglassen kann, ohne das Ziel zu verfehlen. Aber noch einmal zurück zur „Anderswelt“ – in der Frankfurter Schirn läuft gerade die Ausstellung „Fantastische Frauen“, die sich ja mit dem Surrealismus beschäftigt – und der herausragenden Rolle, die Frauen eben in der „fantastischen Kunst“ hatten. Und da kann man in einer immensen Vielfalt sehen, was Menschen alles „im Kopf haben“ und wie sie sich künstlerisch ausdrücken. Aber jetzt schweifen wir ab – kommen wir mal zurück zu Design und Möbeln…

– Eine weitere Gemeinsamkeit – neben der offensichtlichen Mobilität – ist das Thema „Farbe“. Ist das auch etwas, wo ihr von vornherein auf der gleichen Wellenlänge liegt?

Florian: Nein, das kommt eindeutig von Sabine.

Sabine: Ja, das bin schon ich. Aber ich hatte immer den Eindruck, dass Florian das auch OK findet.

(lautes Lachen)

– Bis jetzt…

Nönö, das kann man schon wörtlich nehmen: Sabine hat Farbe in mein Leben gebracht. Das klingt kitschig, aber früher habe ich mich um Farbe gar nicht gekümmert, sondern Objekte genommen, wie sie waren. Dann haben wir uns kennengelernt und allein in dieser Anfangszeit hast Du dreimal Deine Küche umgestrichen…

– Das passt irgendwie überhaupt nicht zu Deiner Selbsteinschätzung als unkreativ.

Sabine: Ach nee, Anstreichen ist schon noch was anderes als Kunst. Das entsteht bei mir oft aus dem Wunsch nach Veränderung – und man hatte damals sehr wenig Geld, da war die günstigste Form der Veränderung eben die Farbe an der Wand. In der Wohnung war einfach eine total hässliche Küche, so in weißem Schleiflack, da half dann nur, die immer wieder bunt zu streichen. Das ist so ein bisschen dieser IKEA-Effekt: Man will irgendeine Veränderung, man will was Neues, endlich mal sein Heim schön machen und kann es sich aber im Moment gar nicht leisten – und dann geht man zu IKEA und kommt nach Hause mit drei neuen Nachttischlampen für 5 Euro das Stück.

Den meisten Menschen geht es ja so: Man ist irgendwann mal durch mit den Anschaffungen. Dann wird nur noch ersetzt, wenn was wirklich kaputt ist – aber ansonsten hat man wenig Chancen auf wirkliche, sichtbare, spürbare Veränderung. Wenn man nun also das Sofa hat, dass das beste Sofa ist, das man sich vorstellen kann, dann ist ja auch kein Bedarf mehr. Das ist doch total interessant, dass man dann so aus dem Konsum rausfällt: Wir haben eigentlich alles, was wir wollen. Oder so Leute, die ständig neues Geschirr kaufen. Das ist auch so ein Wunsch nach Veränderung, aber an einer Stelle, wo’s das eigentlich nicht braucht. Das habe ich auch von Florians Mutter gelernt, die von ALLEM eben nur EIN Set hatte. Es gibt nur EIN Geschirr, EIN Set Gläser, EIN Besteck. Eben nicht die Ansammlung, die viele so haben: Ein historisch gewachsenes Konvolut von Utensilien, sechs Teller noch aus der Studentenbude, ein Kaffeeservice von Oma, das gute Besteck, das man sich mal zur Hochzeit gewünscht hat, aber eben auch die acht Silberlöffel, nee, nur noch sieben und so weiter… Sie hatte alles EINMAL – und das dann vom Feinsten. Ehrlich gesagt ist das wahrscheinlich auf lange Sicht sogar die kostengünstigere Variante, als alle paar Jahre wieder was zu kaufen, das gerade schick ist.

Aber zurück zur Farbe: Es ging also für mich immer darum, etwas Hässliches schöner zu machen. Und da ist für mich Farbe das, was am Schnellsten geht.

Florian: Wie unser Gartenhaus. Das war eine, sagen wir mal: romantisch verfallene Holzhütte. Und Sabine nimmt sich die dann vor und am Nachmittag sah sie dann so aus. Ein bisschen wie aus einer dänischen Wohnzeitschrift, wo sich ein Art Director drei Wochen Mühe gegeben hat mit der Farbauswahl und dem Gedanken dahinter: „Green Living – im Einklang mit der Natur“ oder so.

Sabine: Reiner Zufall. Die verschiedenen Grüns passten einfach gut zusammen.

– Aber auch wenn der Veränderungswunsch die treibende Kraft ist: Andere Menschen streichen ihre Küche dann mal mutig „hellgrau“. Und die haben dann auch keine roten Netzvorhänge.

Sabine: Naja, wir hatten…

Florian: Das war ein schmerzhafter Prozess.

Sabine: Ein teurer, vor allem. Es war schon klar, an diese Fensterfront, da muss was hin, das war zu kahl ohne. Dann gibt’s noch diese Fenster-Bank, auf der man so gemütlich im Fenster sitzen kann. Dann hatten wir uns Vorhänge machen lassen, aus Leinen, so hellblau-grau – und das sah dann soo tot aus, (Florian: …soo traurig, soo Krankenhaus…) das ging überhaupt nicht. Wir wollten einerseits Vorhänge, die man zuziehen kann, weil man hier schon ein bisschen wie auf dem Präsentierteller sitzt – andererseits müssten sie eben durchsichtig sein, denn so schwere Samtstores und blickdichte Vorhänge sind nun auch nicht unser Fall. Dann hatten wir diese hier in einer anderen Farbe gesehen und nach dem Desaster mit den Krankenhausvorhängen war uns klar, da muss was Farbiges hin. Dann haben wir uns anhand verschiedener Muster für dieses Rot entschieden. Nun ist ein Muster ja immer noch was anderes als 18qm rote Vorhänge – als die dann hingen, waren sie schon sehr… rot. Aber jetzt müssen sie halt auch gut sein, wir müssen sie ja noch 15 Jahre abwohnen. Nein, wir finden sie schon gut. Allerdings mag ich rot und gelb zusammen nicht so gern, also müsste dann demnächst die Kissenfarbe eine andere werden.

Florian: Sabine hat ein sehr gutes Auge, sie greift schon immer das Richtige heraus, die Farbe find‘ ich super. Aber noch toller finde ich das Material, diese netzartige Struktur, die gar nicht nach Wohnzimmer aussieht, sondern eher wie was Technisches, ein Laborvorhang, eine Trennwand aus der Fischzucht.

Sabine: Also gut, halten wir fest: Kreativ sind wir beide. Aber Florian hat zu allem einen assoziativen, emotionalen Zugang: Was mach‘ ich jetzt, wie mach‘ ich das, wie erreiche ich ein Ergebnis, das mir gefällt?

– Und Du hast die Farbe reingebracht“ – gilt das auch für die Kunst?

Florian: Ja, das hat sich schon auch ausgewirkt. Diese Sandgußformen zum Beispiel, die jetzt „leuchtrot“ lackiert sind, da hat Sabine schon mitgeschubst, dieses hochglänzende, knackige, lackige ist neu. Meinen Urinstinkten folgend hätte ich die wohl im Naturzustand belassen.

Sabine: Das liegt auch schon so in der Familie, immer gedeckte Farben, schwarz, weiß, grau, aber ganz tolle Materialien, das ist schon so ein bisschen dieses Hanseatische, Zurückgenommene.

– Da scheint „antibeige“ doch genau das richtige Gegenmittel zu sein. Das ist ja auch eine wechselseitige Beziehung: Ihr habt Möbel von der Galerie – und die Galerie hat Kunst von Euch.

 

Ja, schon. Das hat sich mehr oder weniger zufällig ergeben – lag aber auch nahe. Wir mögen eben jeweils gegenseitig die Sachen, die es da so gibt. Wir haben hier eine ganze Reihe Eames-Stühle am Esstisch, die Hocker an der Bar, der rote Plia-Chair von Giancarlo Pirretti im Wohnzimmer, das Schränkchen, aus dem ich den Barwagen gebaut habe, die Uhr in der Küche – und sehr gern mag ich dieses kleine französische Schild: „Transformateur“. Das ist tatsächlich mein Spitzname aus früheren Zeiten. Und umgekehrt hat antibeige einige meiner Objekte gekauft: Die Objekte „Harbour R2-D2“ und „Heidi meets Pacman“, das Foto „Einstein versucht, Kennedy wiederzubeleben“ – und natürlich die sehr bunte Liege aus der Serie „Aufwachraum“. Da schließt sich sozusagen der Kreis: Mut zur Farbe ist ja nun unser beider Thema.

 

– Genau. Für mehr Pop, mehr Punk, mehr Memphis und mehr Was-Du-Willst. Vielen Dank für Eure Zeit!

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

english interview text:

Today: Sabine Howe, documentary filmmaker & Florian Borkenhagen, artist and professor of design, Hamburg

Interview: Mathias Jahn, Photos: Stefan Trocha

Is it art – or can you sit on it?

Florian: Oh, you mean the blue trolley with the yellow wheels? That is actually a birthday present for Sabine, a mixture of stool, coffee table, magazine rack – a real functional and fun mobile.

– Many of your works have that in common: they are obviously „mobile“. While for most people furniture is something stable and static, your pieces often have wheels. Do you think that everything must be able to move?

There are two very important elements for me in it: I find the function of movement incredibly beautiful and also the combination of ‚real estate‘ and ‚movables‘ – I even made an exhibition title out of it. I like to be able to easily change surroundings again and again. Maybe that’s also because I had 38 postal addresses in my life, always had to move a lot, and only now have come to rest here.

– Florian, you have participated in two Dokumenta’s, had studios in different cities, and just this autumn you had a big exhibition in Hamburg again. Your works are often very 

haptic objects: Have you gone from craftsman to artist or vice versa, or have you always 

been both?

I like both. The distinction between art, design, and craft has only been made since industrialization. In the entire cultural history of mankind, this separation never existed. A painted jug could serve as a wine vessel or as a vase, when craftsmanship and design were still very close – and today we exhibit the same vase as a historical art object. Or the fantastic drawings of Leonardo da Vinci, who not only depicted human anatomy very precisely, but also geometric bodies, architecture, right up to technical drawings of machines he developed. I don’t see any need for a separation of artistic and manual work. I’ve just read Jerry Saltz‘ beautiful sentence: „Art is a craft-based way to consciousness“ – in other words, expanding consciousness through craftsmanship.

That’s also why I particularly like Achille Castiglioni among designers, who developed his work in a very artisanal and playful way, for example by simply placing a car headlight on a frame for the ‚Toio‘ floor lamp. I like the joy of experimenting, the humour that leads to surprising results. And that’s how I like to work: trying things out until it’s fun.

– It’s a kind of ‚readymade design‘: You take three found objects and develop a lamp out of them. The principle is also known in art – but it seems to becoming more important today, because re-use is also a way of promoting sustainability.

Yes, that may be in there – but I’ve always done it that way, too, and it was a completely natural approach for me. Here in the garden sits an outdoor chair made of two wheelbarrow shells, it’s from 1981 or ’82. You simply take two wheelbarrows from the DIY store, weld them together and you’re done. That was a bit punk style back then, there was the „Geniale Dilletanten“ festival in Berlin, in Hamburg we had „Möbel Perdu“, there was Stiletto’s „Consumer’s Rest Chair“ made from a shopping trolley, there was the „Solid Chair“ by Heinz H. Landes made of concrete and reinforcing iron – we all worked with everything.

At the time, however, it didn’t have this ecological, moral justification – I simply found the things incredibly beautiful. This industrial aesthetic has a very special charm of its own, this raw, coarse, unembellished. And then you just have to change the function, just turn it the other way around and use it like that. There’s certainly an anti-consumption attitude in it, but it’s more like a counter-draft to all the refinement, the luxury, one of the overarching themes in the eighties. In this respect, the idea of recycling or upcycling is important and good, but rather a logical consequence of the fact that these functional things are beautiful from the outset. For me it is even a research topic, for myself, but also for my students: What makes objects beautiful, what is the aesthetics of the functional, what do traces of use and patina mean?

– Sabine, how about your artistic preferences? Is it a match with Florian’s or is it an example of „opposites attract each other“?

I can totally understand all this. I have to say, my artistic taste has already grown with and for Florian. When he tells or describes something, it is very exciting to understand it from the point of view of an artist – and not from the point of view of a critic for example. Well, sometimes there are also things that I find boring – but even in this respect we are similar, we often find the same things boring. For example, if we go through an exhibition at different speeds, we talk afterwards about what we found most beautiful or most impressive – and that’s not always completely identical, but always very comprehensible. Of course, I’m not 100% objective – when Florian starts talking about art, I’m always softened up.

Florian: Oh, oh: I can return the compliment right away: You always have an eye for the essential. As a filmmaker she always knows immediately: That’s what I need, that’s the shot I need, this is the most important picture, the most important object, the core of the statement and so on. She is totally focussed and I sometimes lose myself in the fascinating details.

– Another common feature visible from your surroundings is the topic „colour“. Is that also something where you are in unison right from the start?

Florian: No, this is clearly coming from Sabine.

Sabine: Yes, that is typically me. But I always had the impression that Florian thinks it’s OK too.

(loud laughter)

– So far…

Florian: No, no, you can take that literally: Sabine has brought color into my life. That sounds kitschy, but in the past I didn’t care about color at all, I took objects as they were. Then we got to know each other and in this initial period alone you repainted your kitchen three times…

Sabine: Painting isn’t art. For me, it often arises from the desire for change – and I had very little money at the time, so the cheapest form of change was paint on the wall. In the apartment where i lived there was a totally ugly kitchen, all in white varnish, and the only thing that helped was to paint it in different colors. That’s a bit the IKEA effect: You want change, you want something new, you want to refurbish your home and cannot really afford it at the moment – and then you visit IKEA and come back home with three new bedside lamps for 5 euro the piece.

– Colouring your life – did that influence your work and your art? 

Florian: Yes, that has had a visible effect. These sand casting moulds, for example, which are now painted „bright red“ – Sabine really supported this high-gloss, crisp, lacquer finish, what was a new approach for me. Following my basic instincts, I would have probably left them in their natural state.

Sabine: Maybe that stems from the family background: always muted colors, black, white, gray, but great materials, that’s a bit of the Hanseatic, reserved style and attitude.

– So „anti-beige“ seems to be exactly the right antidote to that. It’s a mutual relationship: you bought furniture from the gallery – and the owners bought art from you.

Yes, I guess so. That happened more or less by chance – but it was also obvious. We like each other’s „things“: We have a whole row of Eames chairs at the dining table, the stools at the bar, the red Plia Chair by Giancarlo Pirretti in the living room, the little cupboard I used to build the bar car, the clock in the kitchen – and I really like this little French sign: „Transformateur“. That’s actually my nickname from earlier times. And vice versa, antibeige bought some of my objects: The „Harbour R2-D2“ and „Heidi meets Pacman“, the photo „Einstein tries to revive Kennedy“ – and of course the very colourful stretcher from my series „Wake Up Room“. We’ve come full circle here: Courage of colour is our common topic.

å- Exactly. For more pop, more punk, more Memphis and more what-you-want. Thanks a lot for your time!